Voraussetzungen für die Einstufung in Pflegegrade

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Änderungen bei Pflegebedürftigkeit

Zum 01. Januar 2017 wurde ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt, der das bisherige System der drei Pflegestufen und der Feststellung einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz durch fünf neue Pflegegrade ersetzt.

In den neuen Pflegegraden werden körperliche, kognitive und psychische Einschränkungen gleichermaßen erfasst und in die Einstufung einbezogen. Dadurch erhalten Personen mit kognitiven und psychischen Einschränkungen einen gleichberechtigten Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung.

Bei der Begutachtung wird der Grad der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten in sechs verschiedenen Lebensbereichen mit unterschiedlicher Gewichtung ermittelt und zu einer Gesamtbewertung zusammengeführt. Daraus ergibt sich die Einstufung in einen Pflegegrad. Dahinter steht ein völlig neues System, um die Pflegebedürftigkeit zu begutachten.

Insbesondere Personen mit Demenz profitieren von dieser neuen Systematik. Die Unterstützung setzt mit dem Pflegegrad I deutlich früher an, als bei den Pflegestufen.

Falls Sie bereits eine Pflegestufe erhalten haben, erfolgte die Überleitung in die neuen Pflegegrade automatisch.

Für neue Anträge gelten die rechts beschriebenen Voraussetzungen für die einzelnen Pflegegrade.

Bestandsschutz

Durch die Anpassung der vor 2017 geltenden Pflegestufen in die neuen Pflegegrade werden teilweise Pflegebedürftige mit den unteren Pflegegraden bei vollstätionärer Betreuung schlechter gestellt. Das liegt in den einrichtungseinheitlichen Eigenanteilen in Pflegeeinrichtungen begründet, die seit Januar 2017 für alle Bewohner unabhängig des jeweiligen Pflegegrades gleich hoch sind. Durch den gleich hohen Anteil werden schwer pflegebedürftige Personen entlastet.

Um diese Schlechterstellung durch die Neueinteilung in Pflegegrade zu verhindern, kommt § 141 Abs. 3 SGB XI ins Spiel. Demnach haben Bewohner einer vollstätionären Einrichtung einen Anspruch auf einen Zuschlag der Differenz auf den Entlastungsbetrag nach § 45b SGB VI, wenn sie zum 31.12.2016 bereits eine Pflegestufe hatten. Dieser Bestandsschutz ist zeitlich unbegrenzt.

Pflegegrade und Pflegegeld


Voraussetzung für den Erhalt von Pflegegeld durch die gesetzliche Pflegeversicherung ist die Einstufung in einen der fünf Pflegegrade.

Pflegedürftige erhalten gemäß § 15 SGB XI aufgrund der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad).

Ob und welcher Pflegegrad des Antragstellers vorliegt, wird durch einen Gutachter des Medizinischen Dienstes (MDK) oder einer anderen Prüforganisation mittels eines Begutachtungsassements, kurz NBA genannt, anhand eines Punktesystems ermittelt. Die Punkte werden dabei für sechs Lebensbereiche bzw. Module vergeben.
Einteilung in sechs Lebensbereiche
Die sechs entscheidenden Lebensbereiche bzw. Module für die Einteilung in die einzelnen Pflegegrade sind:

  1. Mobilität
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  3. Verhaltensweise und psychische Problemlagen
  4. Selbstversorgung
  5. Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen durch den Pflegebedürftigen
  6. Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte
Wie sich die jeweiligen Einzelpunkte der sechs Module zusammensetzen ist in Anlage 1 zu § 15 SGB XI genau aufgelistet. Dies ist eine gute Grundlage, um sich bereits im Vorfeld der Begutachtung ein Bild zu machen, auf was es ankommt und sich auf die Begutachtung entsprechend vorbereiten zu können.

Die Haushaltsführung, die bislang bei den Pflegestufen unter der hauswirtschaftlichen Versorgung genannt war, fließt nicht unmittelbar in die Pflegegrade ein. Gleiches gilt für außerhäusliche Aktivitäten.
Wie werden die einzelnen Module gewichtet?
Gewichtung der einzelnen Module für die jeweils vergebene Punktzahl in Prozent:

» 10% Gewichtung für Modul I: Mobilität

» 15% Gewichtung für die Module II + III: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten + Verhaltensweise und psychische Problemlagen

» 40% Gewichtigung für Modul IV: Selbstversorgung

» 20% Gewichtigung für Modul V: Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen

» 15% Gewichtung für Modul VI: Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte

Die durch die Begutachtung erreichte Gesamtpunktzahl bestimmt, in welchen Pflegegrad der Pflegebedürftige eingestuft wird. Eine Einstufung in einen Pflegegrad erfolgt, wenn 12,5 Gesamtpunkte erreicht wurden. 

Wann besteht Pflegebedürftigkeit

Auszug § 15 SGB VI:
 
In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten (Anlage 1 zu § 15 SGB VI) nach den in Anlage 2 zu § 15 SGB VI festgelegten Punktbereichen gegliedert.

Schweregrade der Beeinträchtigungen
Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:

  1. Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
  2. Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
  3. Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
  4. Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
  5. Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
Einordnung in Pflegegrade
Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:

  1. Pflegegrad 1: 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkte: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
  2. Pflegegrad 2: 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkte: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
  3. Pflegegrad 3: 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkte: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
  4. Pflegegrad 4: 70 bis unter 90 Gesamtpunkte: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten
  5. Pflegegrad 5: 90 bis 100 Gesamtpunkte: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

Die Leistungen im Einzelnen

Der unten aufgeführte ambulante Betreuungs- und Entlastungsbetrag ist zweckgebunden und kann für die teilstationäre Tages- oder Nachtpflege, einer vorübergehenden vollstationären Kurzzeitpflege oder für Leistungen ambulanter Pflegedienste (in den Pflegegraden 2-5 jedoch nicht für Leistungen im Bereich Selbstversorgung) verwendet werden. Außerdem kann der Betreuungs- und Entlastungsbetrag für Leistungen bei anerkannten Angeboten zur Unterstützung im Alltag eingesetzt werden. Die zuletzt genannten Leistungen können je nach Bundesland verschieden sein, da sie im Landesrecht geregelt sind. Quelle: Bundesministerium für Gesundheit

Geldleistung ambulant


Pflegegrad 1:       0,- €

Pflegegrad 2:   316,- €

Pflegegrad 3:   545,- €

Pflegegrad 4:   728,- €

Pflegegrad 5:   901,- €

Sachleistung ambulant


Pflegegrad 1:          0,- €

Pflegegrad 2:      689,- €

Pflegegrad 3:   1.298,- €

Pflegegrad 4:   1.612,- €

Pflegegrad 5:   1.995,- €

Entlastungsbetrag


Pflegegrad 1:   125,- €

Pflegegrad 2:   125,- €

Pflegegrad 3:   125,- €

Pflegegrad 4:   125,- €

Pflegegrad 5:   125,- €

Leistungsbetrag stationär


Pflegegrad 1:      125,- €

Pflegegrad 2:      770,- €

Pflegegrad 3:   1.262,- €

Pflegegrad 4:   1.775,- €

Pflegegrad 5:   2.012,- €

Antrag auf Pflegeeinstufung

Den Antrag für die Einstufung in einen Pflegegrad stellen Sie bei Ihrer zuständigen Pflegekasse. Bei der TK genügt bereits ein Anruf. Das Antragsdatum ist entscheidend für den Leistungsbeginn, da die Leistungen erst ab Antragsmonat bezahlt werden.

Die Pflegekasse sendet Ihnen auf Wunsch einen Vordruck zu und unterstützt Sie bei Bedarf beim Ausfüllen. In Bezug auf Leistungen der Pflegeversicherung haben Sie einen gesetztlichen Anspruch auf Beratung. Nach Einreichen des Antrags, der auch von bevollmächtigten Angehörigen oder anderen bevollmächtigten Personen gestellt werden kann, wird vom MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) oder einer anderen Prüforganisation ein Termin zur Erstellung eines Gutachtens vereinbart, um einen Eindruck über die persönliche Pflegesituation zu erhalten.

Der Termin findet bei Ihnen zu Hause statt bzw. in der stationären Einrichtung, falls Sie bereits in einer solchen Einrichtung leben. In der Regel erfolgt die Begutachtung durch eine ausgebildete und erfahrene Pflegefachkraft des MDK bzw. durch einen erfahrenen Arzt. Auf diesen Termin sollten Sie sich gut vorbereiten.


Für das Gutachten werden Informationen zu allen pflegerelevanten Hilfestellungen, Pflegedokumentationen und Arztberichte herangezogen. Welche Dokumente bereit gehalten werden sollen, wird Ihnen im Vorfeld mitgeteilt.

Das Ergebnis der Begutachtung wird durch den MDK an die zuständige Pflegekasse gesendet, wobei Sie auf Wunsch eine Kopie erhalten. Anhand dieser Empfehlung durch den MDK trifft die Pflegekasse ihre Entscheidung. Im Zuge der Begutachtung kann auch unabhängig der Einstufung in einen Pflegegrad eine Rehabilitationsmaßnahme empfohlen werden.

Ausführliche Informationen zum Thema Pflege und Pflegegeld bietet die Broschüre "Praxisseiten Pflege" (Link zum Download). Die Inhalte der Broschüre sind zwar auf die Beschäftigten in der Pflege zugeschnitten, bieten meines Erachtens ebenso eine gute Grundlage, um sich als Pflegebedürftiger oder als Angehöriger von Pflegebedürftigen, umfassend über die verschiedenen Leistungen und Ansprüche bei Pflegebedürftigkeit zu informieren und sich auf den Termin für die Begutachtung vorzubereiten.

Kombination Pflegegeld und Pflegesachleistungen

Zudem ist eine Kombination des Pflegegelds mit der Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen und einer teilstationären Tages- bzw. Nachtpflege möglich, wobei sich bei der Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen durch den ambulanten Pflegedienst das Pflegegeld anteilig mindert. Es kann beispielsweise bei optimaler Ausnutzung der Kombinationsleistungen ein Pflegegeld und Pflegesachleistungen im Anteil von jeweils 50% in Anspruch genommen werden und zusätzlich nach § 41 SGB XI i.V.m. § 105 SGB XI eine stationäre Tages- oder eine stationäre Nachtpflege (teilstationäre Pflege) zu 100%. Mehr zur teilstationären Pflege.

Wird Pflegegeld bezogen, so ist außerdem zu beachten, dass bei Pflegestufe I und II halbjährlich einmal und bei Pflegestufe III vierteljährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen ist.

Die Vergütung für die Beratung ist von der zuständigen Pflegekasse, bei privat Pflegeversicherten von dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen zu tragen, im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von den Beihilfefestsetzungsstellen.

Wird die Beratung nicht abgerufen, so hat die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen das Pflegegeld angemessen zu kürzen und im Wiederholungsfall zu entziehen (§ 37 SGB XI).
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