Vorsorgevollmacht: Um sein Leben selbst in der Hand zu behalten
Die Formulare stehen ausfüllbar im PDF-Format zur Verfügung.
Zu den Formularen
Solange wir jung und gesund sind, denken wir in der Regel nicht im entferntesten daran, was sein wird, wenn wir unsere Interessen nicht mehr selbst wahrnehmen können. Dafür hat der Gesetzgeber vorgesorgt und stellt Personen, die nicht mehr in der Lage sind ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise selbst zu regeln einen gerichtlich bestellten Betreuer zur Seite.
Wir sind nach der Lektüre eines Artikels auf diese Problematik aufmerksam geworden. Der Beitrag handelte von einer Familie, bei der der Ehemann bzw. Vater durch einen schweren Autounfall im Koma lag. Für den Ehemann wurde gerichtlich ein Betreuer bestellt, der von nun an über die Finanzen und über die medizinischen Maßnahmen die Entscheidungen traf. Die Belange der Familie wurden dabei nicht berücksichtigt, denn in Deutschland gibt es keine gesetzliche Vertretung durch den Ehepartner oder die erwachsenen Kinder. Dazu bedarf es einer Vertretungsvollmacht, in diesem Fall einer Vorsorgevollmacht.
Was ist ein gerichtlich bestellter Betreuer?
Eine gesetzliche Betreuung erhalten diejenigen Personen, die aufgrund einer Behinderung, eines körperlichen oder geistigen Gebrechens oder z. B. aufgrund Altersdemenz, sich nicht mehr selbst um ihre Angelegenheiten kümmern können sofern keine andere Regelung getroffen wurde. Die Betreuung kann von jedermann beantragt werden, also nicht nur vom Betroffenen und seiner Familie, sondern auch von Nachbarn, Ärzten oder anderen Personen, die den Eindruck haben, eine Betreuung sei notwendig.
Der Betreuer wird durch das zuständige Betreuungsgericht (früher Vormundschaftsgericht) bestellt, die Entscheidung darüber obliegt einem Richter. In der Regel handelt es sich um Angehörige. Das Gericht kann jedoch auch einen berufsmäßig oder ehrenamtlich tätigen Betreuer bestellen. Selbst wenn vom Gericht ein naher Angehöriger als Betreuer bestellt wird, ist dieser stark in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt, da er über jede Handlung dem Gericht Rechenschaft ablegen muss, was häufig zeit- und kostenintensiv ist. Gegen den richterlichen Beschluss kann nach §§ 59 ff. FamFG Beschwerde eingelegt werden,
Ab welchem Alter ist eine Vorsorgevollmacht sinnvoll?
Sinnvoll ist eine Vorsorgevollmacht ab dem 18. Lebensjahr, da durch einen Unfall schnell eine vorübergehende Geschäftsunfähigkeit eintreten kann und Eltern nur bei minderjährigen Kindern ein Sorgerecht haben, das die Regelung und Vertretung in allen Angelegenheiten ihres Kindes umfasst. Volljährige Personen können dagegen selbst bestimmen, wer sie vertreten und für sie handeln soll.
Wenn Demenz oder andere Krankheiten bzw. Verletzungen vorliegen, die eine Betreuung notwendig werden lassen, ist es für die Erteilung einer Vorsorgevollmacht bereits zu spät, denn dafür ist die volle Geschäftsfähigkeit Voraussetzung.
Umfang der Vorsorgevollmacht
Den Umfang der Vollmacht können Sie selbstverständlich frei bestimmen. Die Vollmacht kann sich entweder auf bestimmte Bereiche, z. B. die Gesundheitssorge, beschränken oder Sie erteilen eine umfassende Bevollmächtigung, um nahezu alle persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten mit dieser Vollmacht abzudecken. Geregelt werden können:
Gesundheitssorge und Pflegebedürftigkeit
Stimmen Sie einer solchen Regelung zu, so kann die von Ihnen festgelegte Vertrauensperson die Entscheidung über eine ambulante oder (teil-)stationäre Pflege, den Erhalt oder Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen (siehe auch Patientenverfügung) treffen, Auskunft von Ärzten verlangen und darüber entscheiden, ob und welche Untersuchungen und Behandlungen vorgenommen werden sollen.
Soll der Bevollmächtigte über risikoreiche Operationen, freiheitsentziehende Maßnahmen (dazu zählen bereits Gitter am Bett, um nicht herauszufallen) oder ärztliche Zwangsmaßnahmen im Rahmen der Unterbringung entscheiden können, wenn z. B. eine Selbstgefährdung bei Demenz gegeben ist, so muss dies klar aus der Vorsorgevollmacht hervorgehen und dem Wohle des Vollmachtgebers dienen. Zudem greift für diese Fälle eine doppelte Absicherung, da der Bevollmächtigte dafür grundsätzlich eine Genehmigung beim zuständigen Betreuungsgericht einholen muss.
Aufenthalts- und Wohnungsangelegenheiten
Dazu gehören z. B. der Abschluss oder die Kündigung eines Mietvertrags und die Bestimmung des Aufenthalts, beispielsweise durch eine stationäre Unterbringung in einem Pflegeheim inklusive der Haushaltsauflösung.
Vertretung bei Behörden und vor Gericht
Der Bevollmächtigte kann bei dieser Regelung für den Vollmachtgeber unter anderem die An- und Abmeldung beim Einwohnermeldeamt vornehmen und ihn in den Angelegenheiten mit der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung vertreten. Bei Vertretung vor Gerichten kann der Bevollmächtigte die notwendigen Prozesshandlungen vornehmen.
Post- und Fernmeldeverkehr
Diese Regelung ist zur Entgegennahme und dem Öffnen Ihrer persönlichen Post notwendig bzw. zu vertraglichen Regelungen im Fernmeldeverkehr.
Vermögensverwaltung
Die Vollmacht in Vermögensangelegenheiten betrifft die Verwaltung des gesamten Vermögens im In- und Ausland, die Entgegennahme von Zahlungen und das Eingehen von Verbindlichkeiten, das Erledigen der Bankgeschäfte und das Schließen von Verträgen.
Für reine Bankgeschäfte reicht das Hinterlegen einer Bankvollmacht aus. Banken stellen dazu ihren Kunden eine Konto- und Depotvollmacht zur Verfügung. Diese Vollmacht berechtigt den Bevollmächtigten zur Vornahme aller Geschäfte, die mit der Konto- und Depotführung in unmittelbarem Zusammenhang stehen, jedoch nicht über darüberhinausgehende Finanzgeschäfte.
Was kann durch die Vorsorgevollmacht nicht geregelt werden?
Ausgeschlossen von der Vollmacht sind Angelegenheiten, die nach dem Gesetz persönlich geregelt werden müssen, wie das Ändern und Verfassen eines Testaments bzw. Erbvertrags oder die Eheschließung bzw. Scheidung.
Durch eine Innenvollmacht, die nur für den Bevollmächtigten bestimmt ist, können Handlungsanweisungen zur Umsetzung einzelner Vollmachten niedergelegt werden.
Zeitraum der Vorsorgevollmacht
Sie als Vollmachtgeber können bestimmen, ab wann die Vorsorgevollmacht gelten soll. Entweder ab sofort oder durch das Eintreten bestimmter Umstände (z. B. beim Nachweis der Geschäftsunfähigkeit) bzw. nach Aushändigung der Urkunde an den Bevollmächtigten. Bewahren Sie das Original der Vollmacht selbst auf, haben Sie den Zeitpunkt jederzeit in der Hand. Der Bevollmächtigte kann erst ab dem Zeitpunkt für Sie wirksam handeln, wenn er über die Vorsorgevollmacht verfügt und nicht bereits ab dem Erstellen der Vollmacht.
Andererseits sollte für den Eintritt des Falles der Geschäftsunfähigkeit die Urkunde leicht auffindbar sein. Erleichtert wird dies beispielsweise durch die Registrierung der Vollmacht beim Zentralen Vorsorgeregister (siehe zweiter Kasten links) oder die Vollmacht wird einer weiteren Vertrauensperson übergeben, die sie im Bedarfsfall dem Bevollmächtigten übergibt.
Die Dauer der Vorsorgevollmacht können Sie selbstverständlich ebenfalls selbst bestimmen. Sie kann auch über den Tod hinaus gelten. Damit ist der Bevollmächtigte berechtigt den Nachlass zu regeln, was bei einer Erbengemeinschaft Sinn macht. Idealerweise sollten für diesen Fall die Vorsorgevollmacht und das Testament bzw. der Erbvertrag aufeinander abgestimmt sein.
Auswahl des Bevollmächtigten
Um sich vor Missbrauch zu schützen ist bei der Auswahl des Bevollmächtigten insbesondere darauf zu achten, dass dieser zuverlässig, loyal und integer ist und Sie dieser Person Ihr vollstes Vertrauen schenken.
Sie können eine oder mehrere Personen bevollmächtigen. Zudem können Sie bei mehreren Vertrauenspersonen festlegen, ob einzeln gehandelt werden kann oder eine gemeinsame Entscheidung der Bevollmächtigten getroffen werden muss. Die Bestimmung von zwei oder mehr Bevollmächtigten mit Einzelbefugnis macht für den Fall Sinn, dass einer der Bevollmächtigten vorübergehend verhindert ist. Für diesen Fall kann auch geregelt werden, dass der Bevollmächtigte eine Untervollmacht ausstellen darf.
Um einem Missbrauch vorzubeugen, können Sie einer dritten Person durch die Ausstellung einer Kontrollvollmacht das Recht einräumen, ein Kontroll- oder Widerrufsrecht dem Bevollmächtigten gegenüber auszuüben. Ist in der Vorsorgevollmacht keine Kontrollregelung enthalten, so kann durch das Betreuungsgericht im Bedarfsfall ein Kontrollbetreuer eingesetzt werden.
Ist eine notarielle Beurkundung der Vorsorgevollmacht notwendig?
Ebenso wichtig wie die Auswahl des Bevollmächtigten ist eine unmissverständliche Formulierung der Vorsorgevollmacht, so dass sie rechtlich verbindlich ist. Unverzichtbar ist am Ende der Vollmacht Ort und Datum anzugeben und mit Ihrem vollständigen Namen zu unterschreiben. Sowohl für die Erklärung der Vorsorgevollmacht, als auch für deren Widerruf wird Geschäftsfähigkeit vorausgesetzt.
Es ist grundsätzlich nicht vorgegeben, aber empfehlenswert, die Vorsorgevollmacht von einem Notar aufsetzen und beglaubigen zu lassen, denn die notarielle Vollmacht ist beweissicher. Somit werden auch Zweifel an der Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Erstellung der Vollmacht ausgeräumt.
Zwingend notwendig ist die notarielle Beurkundung der Vollmacht bei Grundstücks- und Unternehmensgeschäften sowie bei der Aufnahme eines Darlehens.